NEUGESTALTUNG SCHÜTZENPLATZ IN PEINE

Geladener städtebaulicher und freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb

Ziel des Entwurfes auf städtebaulicher Ebene ist es die diffuse Situation der öffentlichen Räume um den Schützenplatz und in Richtung Innenstadt und Bahnhof neu zu ordnen. Die öffentlichen Räume Schützenplatz/Stadtpark/Rathausfreiraum/Werderpark/Schützenstraße (Ost)/Glockenstraße sollen klar erkennbare Stadträume mit einprägsamen Charakter werden.

Der Schützenplatz in seiner historischen Gestalt wird durch die Richard-Langeheine-Straße geteilt und ist nur während des Peiner Freischießens als ganzer Platz zu erkennen. Das ist nicht unbedingt problematisch, würde nicht gleichzeitig auch der Stadtpark durch die Straßenführung sein „Gesicht“ in Richtung Innenstadt verlieren. Das städtebauliche Ensemble aus offenem Festplatz, in den die städtebaulichen Achsen Goethestraße und Kantstraße mündeten, und Stadtpark, der sich dem Festplatz mit einer „Fassade“ aus einer Doppelreihe Bäumen zuwandte, ist zerstört. Die historische Konfiguration dieser beiden Stadträume muss und kann nicht wieder hergestellt werden. Das Ziel unseres Entwurfes ist es aber die beiden Freiraumtypen wieder städtebaulich zu fassen. Das geschieht durch einen linearen Park, der mit einer doppelten Baumreihe im Norden die Hindenburgstraße wieder verlängert, dann aber nach Süd-Osten abknickt (von der historischen Platzkante abweichend) um das Junggesellenzelt mit in den neu gefassten Festplatz hineinzunehmen, um dann mit einer expressiven Kurve dem Platz auf seiner Südseite eine räumliche Fassung zu geben. Gleichzeitig knüpft die neue Platzfassung mit einem neuen Fußgängerüberweg wieder Verbindungen im Wegenetz zwischen Innenstadt und Stadtpark und zwischen Nord und Süd, die durch die Richard-Langeheine-Straße zerrissen sind. Die neue Platzfassung besteht aber nicht nur aus einer Doppelreihe Bäume, sondern bietet als linearer Park Nutzungs- und Aufenthaltsmöglichkeiten – in Ergänzung zum Parkplatz (Tische, Bänke, Wasserspender, Kleinkinderspiel), aber auch für aktive Nutzungen (Tischtennis, Skaten). Die Ausstattungselemente sind kompatibel mit der Festplatznutzung und daher demontierbar. Ein weiterer Aspekt der Attraktivität des linearen Parks ist die Baumdoppelreihe aus einer Reihe Prunus serrulata (Japanische Blütenkirsche) und einer Reihe Ginkgo biloba (Ginkgobaum), die mit reichem Farbspiel (Blüten, Herbstfärbung) die neue Festplatz- und Stadtparkkante zusätzlich akzentuieren. Die Neugestaltung des Schützenplatzes durch den linearen Park ermöglicht den schonenden Umgang mit dem Baumbestand (nur wenige Bäume müssen gefällt werden) und ebenso in großen Teilen den Erhalt der vorhandenen Belagsflächen des Parkplatzes. Die Oberfläche des Schützenplatzes wird um Leitlinien aus Beton ergänzt, die eine höhere Durchlässigkeit (optisch und als Wege) des Platzes gewährleisten und gleichzeitig den Platz „grafisch“ beleuchten. Integriert in die Leitlinien sind die Versorgungsanschlüsse für die Festplatznutzung (Strom, Wasser). Die verkehrliche Funktionalität des Parkplatzes bleibt gleich. Stellplätze bleiben größtenteils erhalten.

Das städtebauliche Ziel des Entwurfs, Wegeverbindungen zu verknüpfen, wird mit der gestalterischen Aufwertung von kleiner Schützenstraße/Straße Am Werderpark/Werderstraße und mit der Neugestaltung von Schützenstraße/Glockenstraße als Shared Space fortgesetzt. Der Shared Space ist mit einer einheitlichen anthrazitfarbenen Klinkeroberfläche (Bauklasse 3) ausgestattet, die durch verschiedene Verlegerichtungen der Klinker subtil Teilräume akzentuiert und gleichzeitig die heterogene Bebauungsstruktur vereint. Leitlinien aus Beton gewährleisten die Orientierung für Autofahrer und dienen gleichzeitig zur Beleuchtung und Entwässerung (siehe auch Schützenplatz). Die Kirschenreihe aus dem linearen Park wird im Shared Space bis zum Bahnhof hin fortgesetzt und proportioniert den verkehrsberuhigten Straßenraum neu. Die Kirschreihen im Shared Space und im linearen Park werden von 10m langen Sitzbänken aus Sichtbeton mit eingelassenen Kunststoffoberflächen (EPDM) begleitet, die, wie die Leitlinien aus Beton, zur Differenzierung des Straßenraumes und zur Beleuchtung dienen.

Durch den Umbau des Postareals zu einem Minibürozentrum wird eine neue Nutzergruppe angesprochen: Existenzgründer, Co-Worker, Freiberufler (z. B. Steuerberater, Coaches, Programmierer), denen herkömmliche Büroeinheiten zu groß sind, die aber dennoch Interesse an einem außerhäuslichen Standort und den sich bietenden Synergien haben. Diese Synergien bestehen u.a. im gemeinsamen Nutzen von Konferenzräumen, Sekretariatsservice,  Druckdiensten und einer befruchtenden Atmosphäre. Wird ein solches Zentrum aktiv gemanagt (um die Synergien zu gewährleisten), bieten sich dem Betreiber höhere Wertschöpfungen pro qm als im üblichen Großflächenmarkt. Stadtplanerisch liegt der Vorteil eines solchen Zentrums in der dauerhaften Belebung seines Standorts. Das Minibürozentrum ist mit dem Posthauptgebäude verbunden und ermöglicht so die innere Erschließung des Neubaus. Zusätzlich nimmt der Neubau Servicefunktionen des Zentrums auf: Copy-Shop, Verwaltung, Cafe/Backshop, Konferenzräume. Mit seiner Höhe von 4 Geschoßen ermöglicht der Neubau aus den oberen Geschossen und der Dachterrasse einen Blick auf den Stadtpark. Das Abschrägen des Dachs nach Norden ist eine Geste zur alten Post und vermittelt zwischen „neuer“ und alter Post. Der Haupteingang liegt in der Schützenstraße. Dadurch ist das Minibürozentrum im Straßenbild gut sichtbar. Der Neubau ist im EG zum Hof geöffnet: Das Café hat dort einen Außenbereich, ebenso verfügt der Copyshop über einen eigenen Zugang vom Hof. Mit der Aktivierung des Innenhofes durch öffentliche Nutzungen wird er als Passage zwischen Schützenstraße und Schützenplatz attraktiv.

PROJEKTPARTNER
Büro Nelke und Florian Rüger

ZEITRAUM
2011