ORTSKERNGESTALTUNG GLIENICKE

Beschränkter Wettbewerb

Hauptziel des Entwurfs ist die Schaffung eines gestärkten, profilierten Ortskerns. Diese Stärkung erfolgt über das Schaffen eines starken, aber dennoch durchlässigen „Rückens“ im Norden des Angers, über die Aufwertung und Qualifizierung der Freiräume im zentralen Ortskernbereich sowie über neue Nutzungen und städtebauliche Markierungen entlang der Hauptstraße. Städtebauliches Hauptmotiv ist hierbei die Orientierung der Neubauten zum Dorfanger, der das neue, alte Zentrum von Glienicke bildet.

Weiterhin wird der Bürgerpark aufgewertet. An ihm entsteht eine hochwertige Wohnadresse. Diese Adressbildung wird durch eine topografisch akzentuierte Promenade ermöglicht, die zwischen der neuen Wohnbebauung und dem Bürgerpark entsteht. Durch diese neue Erschließung werden außerdem die seit 1990er Jahren entstandenen Neubaugebiete stärker mit dem Ortskern verknüpft.

Zusätzliche Merkmale des Entwurfs sind eine klare Abschnittsbildung mit Eingängen an der östlichen und westlichen Seite des Wettbewerbsgebiets sowie eine klare Lesbarkeit des städtebaulich aufgewerteten Kerns: Dem historischen Anger mitsamt seinem Teich.

Im Bereich der Nutzungen und der räumlichen Programmierung wird auf den demographischen Wandel reagiert sowie die Adresse „Ortskern Glienicke“ etabliert und profiliert. Eine besondere Bedeutung kommt dabei den neu gestalteten öffentlichen Freiräumen im Kernbereich sowie dem „Hochzeits-Cluster“ zu.

Phasen

Die Umsetzung des Entwurfs erfolgt als schrittweiser Umbauprozess.

Phase 1:

– Schaffung angemessener Eingangsbereiche am östlichen und westlichen Rand des Wettbewerbsgebiets als Auftakte für den Ortskern

– Bebauung der Brache zwischen Bauernhof und Kindertagesstätte

– Verlegung der Mensa an den östlichen Abschluss des Schulgeländes inklusive der Integration des Jugendklubs im Neubau

– Wohnbauten auf den durch die Mensaverlegung freiwerdenden Grundstücken

– Aktivierung des Bauernhofs durch seine Umnutzung als Gastronomie mit Gästebetten

Phase 2:

– Profilierung des Kirchenumfelds durch die angrenzenden Neubauten.

– Komplettierung  des „Hochzeits-Clusters“ durch den Umzug des Standesamts und des Bürgerhauses auf das Gelände des Bauernhofs

– Schaffung der Promenade und der Wohnbebauung entlang des Bürgerparks

– Komplettierung des östlichen Auftakts

Phase 3:

– Vollständige Verwirklichung des Rückens des neuen Ortskerns

– Schaffung eines städtebaulichen Pendants zum Edeka-Markt an der Hauptstraße

Haustypen

Im Wesentlich werden vier Typen eingesetzt: Doppel- und Reihenhäuser für Familienwohnen sowie Gangtypen und Hofhäuser für die verschiedenen Varianten des Wohnens im Alter. Die Doppelhäuser befinden sich in der zweiten Reihe und bieten bei zwei Vollgeschossen ca. 100 m² Wohnfläche je Hälfte. Die Reihenhäuser bestehen aus 3 bis maximal 5 Gebäuden und bieten auf drei Etagen zwischen 120 und 160 m² Wohnfläche.

Beide Typen sind Ost-West ausgerichtet, was, bedingt durch die höhere Gebäudetiefen, kompaktere Baukörper und somit energetische Vorteile ermöglicht. Zusätzlich sind Grün- und/oder Solardächer vorgesehen.

Die Hofhäuser und die Gangtypen befinden sich an der Hauptstraße. Sie besitzen mit 3 bis 4 Vollgeschossen inkl. flexibel nutzbarem Erdgeschoss die höchsten Traufkanten des Entwurfs und zeigen damit den Bedeutungszuwachs des neuen alten Kerns. Die beiden Typen bieten Raum für verschiedene Formen altengerechten Wohnens. In Folge dieser Programmierung müssen sie höhere Anforderungen hinsichtlich ihrer internen Erschließung erfüllen, so dass eine bestimmte Mindestgeschosszahl auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorteilhaft ist.

Nutzungen

Zusätzlich zum Wohnraum für Familien und Senioren werden weitere Nutzungen implementiert. Der westliche Auftakt des Ortskerns an der Bundesstraße besteht, auch wegen der Lärmbelastung, aus Bürogebäuden sowie einem Ärztehaus. Die Erdgeschosse der Gebäude für altengerechtes Wohnen bieten Ladenflächen in ihren Erdgeschossen an. Neben dem üblichen Einzelhandel und Kleingewerbe bieten sich diese Flächen vor allem für Nutzungen an, die im Zusammenhang mit den Bewohnern der Gebäude stehen: Praxen, Pflegedienste, Friseure, Nagel- und Fußpflegestudios, Sanitätsbedarfe, aber auch Cafés im Bereich des Angers.

Eine Besonderheit des neuen Ortskerns ist der „Hochzeits-Cluster“. Im Rahmen dieses Clusters wird der alte Bauernhof zu neuem Leben erweckt und bildet gemeinsam mit der Kirche und dem Freiraum am Anger einen angemessenen und unvergesslichen Rahmen für den schönsten Tag des Lebens. Baulich ist dabei folgendes vorgesehen:

Die beiden nördlichen Ställe werden zum Sitz eines Restaurants und der Verwaltung. Auch Betriebswohnungen sind hier denkbar. Das Wohnhaus wird zu einem Gästehaus umgenutzt und die Scheune beherbergt in Zukunft das Standesamt und das Bürgerhaus. Damit ergeben sich zahlreiche Synergieeffekte und das ortsbildprägende Ensemble wird revitalisiert und langfristig gesichert.

Freiraum Anger und Ortsplatz

Der Wirtschaftshof des alten Bauernhofs wird im Zuge der Umnutzung zum Straßenraum hin geöffnet und durch Pflasterung funktional und gestalterisch aufgewertet. Es entsteht ein neuer Platzraum der für Veranstaltungen, Märkte und Feste genutzt werden kann. Durch die Umgestaltung der Gartenstraße zum shared space (Auflösung der Trennung von Fußgängern und Autoverkehr) wird der neue zentrale Ortsplatz räumlich (bei großen Veranstaltungen auch funktional) bis an die neue Treppenanlage am Teich erweitert. Glienicke erhält so ein neues deutlich wahrnehmbares öffentliches Ensemble im Zentrum der Gemeinde.

Bürgerpark

Der Park gewinnt durch die neue Wohnbebauung und die Promenade an Zentralität. Er ist nicht mehr das „Grün hinter den Häusern“, sondern er wird zum Stadtpark der zur Adressbildung beiträgt und das Ortszentrum mit den großen Wohnquartieren im Norden verbindet. Der Park erhält durch die Umgestaltung daher einen deutlicheren Eingang an der Hauptstraße, der über eine Parkachse (mit Spielbereichen, Skatepark und Treppenanalgen, die den bewaldeten Hügel betonen) in den Park führt. Durch die Neugestaltung des Parks erfolgt ebenso die Stärkung der Ost-West-Verknüpfung der Quartiere durch die Stärkung der Bewegungsachse in Verlängerung der Ahornallee über die die neue Promenade zur Goebenstraße.

Wohnfreiräume

Die Freiräume im neuen Wohnquartier gewährleisten in Nord-Süd-Richtung erstens die Erschließung der verschiedenen Gebäudetypen durch Wohnstraßen, die nicht nur dem Befahren dienen, sondern auch dem Aufenthalt und dem nachbarschaftlichen Kontakt. Die Eingangsbereiche der Doppel- und Reihenhäuser sind durch einen kleinen Vorgarten und einen „Hausbaum“ markiert. Zweitens sind in Nord-Süd-Richtung private oder gemeinschaftliche Gartenräume dem jeweiligen Gebäude zugeordnet. Diese Gartenräume gewährleisten auch die Versickerung und Filterung der Oberflächen- und Dachwässer. Bei Starkregenereignissen kann ebenfalls der Teich am Anger (er liegt am unteren Ende der Abflußkorridore) Regenwasser aufnehmen. In Ost-West-Richtung wird das neue Quartier von schmalen Fußwegeverbindungen erschlossen. Diese verbinden das Quartier direkt mit dem Bürgerpark und dem Schulgelände. Diese „Grünverbindung“ wird mit der räumlichen Gliederung des Quartiers durch lockere Kiefernreihen und Vegetationsstreifen aus einer pflegeextensiven Gras- und Ginsterpflanzung betont.

PROJEKTPARTNER
studio nelke und Florian Rüger

ZEITRAUM
Dezember 2012